Chronik

Grundlage des nachstehenden Textes ist die von Michael Fell und Werner Gotzen für die Festschrift zum 100-jährigen Vereinsbestehen im Jahr 1998 und das Heimatbuch des Kreises Viersen 1999 erstellte Vereinsgeschichte.

Über 100 Jahre Musikverein “Cäcilia” Overhetfeld

“Wie aus einem alten Protokollbuch hervorgeht, sind die ersten Vereinsstatuten am 15. Juli 1898 zusammengestellt worden. Dieser Tag muss daher auch als Gründungstag des Musikvereins “Cäcilia” festgehalten werden. … Die [Unterzeichner dieser Statuten, also die] ersten Mitglieder und somit auch [die] Gründer des Vereins … waren: Matthias Brendges jun. (Präsident), Gerhard Gerhartz (Vizepräsident) und Martin Beckers (Dirigent), ferner Heinrich Brendges, Adam Lenhsen, Wilhelm Smets, Theodor Lenhsen, Peter Wilms, Rudolf Mooren und Matthias Schreurs.”

So beginnt in der Festschrift zum 75-jährigen Bestehen des Musikvereins aus dem Jahre 1973 der kurze Abriss der Vereinsgeschichte. Das Gründungsdatum wurde niemals in Frage gestellt, denn das betreffende Protokollbuch ist das älteste im Besitz des Vereins befindliche Dokument. Außerdem war auf Grundlage dieses Datums 1948 bereits das 50-jährige und 1958 das 60-jährige Vereinsbestehen gefeiert worden.

Doch bei den Arbeiten an der vorliegenden Vereinsgeschichte fand sich im Archiv des Kreises Viersen in Kempen das tatsächliche Gründungsdokument des Musikvereins: Eine im Jahre 1894 am 22. November, dem Festtag der hl. Cäcilia, erstellte Satzung, die in Paragraph 1 die Gründung des Musikvereins”Cäcilia” zu Overhetfeld proklamiert. Nach dieser Satzung hatte sich der Verein den Zweck gesetzt, kirchliche Feiern und weltliche Feste zu verschönern; ausdrücklich untersagt war allerdings das Spielen von Tanzmusik. Als Monatsbeitrag wurde für alle Mitglieder aktive wie passive der Betrag von 25 Pfennig festgesetzt. Der von der Generalversammlung für drei Jahre zu wählende Vorstand bestand aus dem Präsidenten, dem Kassierer und dem Schriftführer. Dem Vorstand zur Seite gestellt war ein aus vier aktiven Mitgliedern gebildeter Aufsichtsrat, dessen Hauptaufgabe es war, für die Instandhaltung der Instrumente zu sorgen. Im Gegensatz zu den Statuten von 1898 trägt die Satzung von 1894 keine Unterschriften, so dass es nicht möglich ist, die Gründungsmitglieder des Vereins zu benennen.

Nach den Statuten von 1898 gehörten dem Vorstand der Präsident, der gleichzeitig Schrift- und Kassenführer war, der Vizepräsident und der Dirigent an. Die Amtszeit des Vorstands betrug hier fünf Jahre. Auch die Beitragsregelung sah anders aus: Die aktiven Musiker hatten zunächst ein einmaliges “Eintrittsgeld” von fünf Mark, dann einen Quartalsbeitrag von 30 Pfennig, die passiven Mitglieder einen Jahresbeitrag von einer Mark zu zahlen. Dieser berechtigte sie zu freiem Eintritt bei allen vom Verein veranstalteten Festlichkeiten. Einen Aufsichtsrat kannten diese Statuten ebenso wenig wie das selbst auferlegte Verbot der Mitwirkung an Tanzveranstaltungen mehr noch: Das Stiftungsfest sollte nicht mit einem Konzert, sondern mit Tanzmusik gefeiert werden. Demnach handelt es sich bei der Satzung von 1898 wahrscheinlich bereits um eine erste, von den Mitgliedern durch ihre Unterschrift gebilligte Überarbeitung oder Neufassung der ursprünglichen Vereinsstatuten.

Nach überlieferten Aussagen älterer Mitglieder haben die Proben in den ersten Jahren nach der Vereinsgründung abwechselnd in den Wohnungen der einzelnen Musiker stattgefunden. Aus dieser Zeit stammt auch der noch heute gepflegte Brauch des Weihnachtsspielens: Schon damals wurden in der Heiligen Nacht in Overhetfeld und Umgebung Weihnachtslieder musiziert. Dabei ging man zu Fuß von der Kapelle bis In gen Rae und über Op dem Felde in Richtung Pfarrkirche zur Christmette.

Musikverein “Cäcilia” und Schützengesellschaft St. Maria Overhetfeld im Jahre 1902 an der Dilborner Mühle

Mitte der zwanziger Jahre – der Musikverein zählte inzwischen bereits 14 Mitglieder – wurden die Proben im Hause des Bassisten und späteren Vorsitzenden Wilhelm Smets abgehalten. Die musikalische Leitung des Vereins hatte Jakob van Buggenum, Vorsitzender war Hubert Lankes. In den Jahren um 1930 wurde die Gaststätte Johann Lenhsen auf der Elmpter Straße Vereinslokal. Im Jahre 1930/31 stiftete der damalige Pfarrer der Pfarrgemeinde St. Laurentius Elmpt, Anton Czerwonka, einen Bariton und zwei Tenorhörner. Damit waren laut Protokoll der Generalversammlung vom 6. September 1931 folgende Instrumente Eigentum des Vereins: eine große Trommel mit Schlegel und Becken, eine B-Tuba, ein Bariton, zwei Tenorhörner und ein Althorn, dazu ein Notenschrank mit Inhalt.

Zwischen 1926 und 1932 meldete der Musikverein bei der Polizeiverwaltung Elmpt mehrere “öffentliche Tanzlustbarkeiten” an, u. a. Kostüm- oder Maskenbälle am Fastnachtssonntag (häufig verbunden mit dem Stiftungsfest des Vereins), Tanzvergnügen an den Kirmestagen und einen Freiball (Tanzveranstaltung bei freiem Eintritt). Man sah sich zur Durchführung dieser Veranstaltungen gezwungen wegen der – so Hubert Lankes in einem Antrag an das Bürgermeisteramt – “hohen finanziellen Ansprüche, die durch die Ausübung der Musikpflege gestellt werden”, und “um eine der schönsten alten Überlieferungen auch in unserem Ort zu erhalten.Meist fanden die Veranstaltungen in dem 200 Personen fassenden Saal oder im Hof des Vereinslokals Lenhsen statt, einige wurden im größeren Saal der Gaststätte Bereths durchgeführt. Nach den Angaben der Gemeindeverwaltung in den “Nachweisen über stattgefundene Lustbarkeiten”, die vierteljährlich beim Finanzamt Erkelenz einzureichen waren, lagen die bei diesen Veranstaltungen erzielten Bruttoeinnahmen zwischen 80 und 200 Reichsmark (geschätzt).

Am 19. April 1931 veranstaltete der noch junge Sportverein “Jugendkraft Grenzwacht” ein Sportfest. Der Musikverein hatte sich bereit erklärt, “das Fest verschönen und stärken zu helfen”. Ein musikalisches Rahmenprogramm rundete die sportlichen Ereignisse ab: “Um 1. Uhr Antreten der Vereine bei dem Gastwirt Herrn Peter Cuypers, dann Zug durch den Ort nach dem neuangelegten Sportplatz. Während der Spiele Musik-Vorträge, nach Schluß der Spiele geschlossen nach dem Saal des Gastwirts Herrn Johann Lenhsen. Hie Conzert und zur Abwechslung Ball. Darüber hinaus wirkte der Musikverein vor dem 2. Weltkrieg bei den Kirmesaufzügen der St.-Maria-Schützengesellschaft bzw. -bruderschaft Overhetfeld, den bis etwa 1930 vom Junggesellen-Verein (dem heutigen Theaterverein) “Erholung” in Overhetfeld durchgeführten Karnevalszügen und den Veranstaltungen anlässlich des Erntedankfestes mit.

Musikverein “Cäcilia” 1928
Hintere Reihe von links: Jakob Roosen, Wilhelm Smets. Mitte: Matthias Schreurs, Heinrich Teven, Jakob van Buggenum, Karl Kurrus, Johann Lenhsen. Vorne: Anton Stemkens, Franz Kurrus, Fritz Bremmers, Rudolf Mooren.

Während des Krieges ruhte die Vereinstätigkeit weitestgehend, da die meisten aktiven Mitglieder zur Wehrmacht einberufen waren. Ältere Musiker mussten jedoch häufiger bei Veranstaltungen der NSDAP im Landkreis Erkelenz spielen. Sogar SA-Uniformen waren angemessen worden; zu deren Auslieferung ist es allerdings nicht mehr gekommen.

Nach dem Krieg war es dann Dirigent Jakob van Buggenum, der den Musikverein unter Mitwirkung der jüngeren Generation – in der Sankt-Martinszeit des Jahres 1945 traten Jakob und Peter Bongartz, Gerhard Beckers, Johannes Lankes sowie Josef, Theo und Willi Schreurs, 1946 Leo Lankes und Heinrich Weertz, 1947 Peter Erdkamp und Fritz Roumen dem Verein bei – bis auf 18 Mann anwachsen ließ. Übungsraum war zunächst die Wohnung der Familie van Buggenum, dann probte man im Wechsel bei den einzelnen Mitgliedern, schließlich in der Volksschule. Auch die durch Kriegseinwirkung zerstörten Musikinstrumente wurden durch großzügige Butterspenden des Dirigenten bei der Firma Kreyer in Krefeld instand gesetzt. Der erste Vorsitzende des Musikvereins nach dem 2. Weltkrieg war Fritz Bremmers, Vereinsmitglied seit 1924 und von 1960 bis zu seinem Tod 1980 nach Johann Lenhsen zweiter Ehrenvorsitzender des Vereins.

Am Ostermontag 1946 trat der Verein bei einer Tanzveranstaltung des Vereins “Gemeinwohl” in der Walderhalle Elmpt wieder an die Öffentlichkeit. Im gleichen Jahr begleitete man die Fußprozession der Pfarre St. Bartholomäus Niederkrüchten, im September 1947 die Pilger der Pfarre St. Martin Oberkrüchten nach Kevelaer. Da das Geld unmittelbar nach dem Krieg nahezu wertlos war, erfolgte die Bezahlung zum Teil in Weizen und Butter. Für die Butter wurde in Kevelaer eine Erbsensuppe gegessen, den Weizen tauschten die Musiker gegen ein Fass Bier ein.

Mit der Währungsreform kam nicht nur neues Geld, sie brachte auch Konfliktstoff in den Musikverein. Da das Geld nun wieder einen Gegenwert besaß, wollten insbesondere die älteren Musiker jede Gelegenheit wahrnehmen, gegen Bezahlung zu spielen. Das eingespielte Geld sollte ihrer Meinung nach jedoch nicht in die Vereinskasse fließen, sondern an die Musiker ausgezahlt werden. Demgegenüber stellte die jüngere Generation den Verein über den Verdienst. So kam es Anfang 1949 zur Trennung.

Zum Vereinslokal wurde in den Nachkriegsjahren wieder die Gaststätte Johann Lenhsen gewählt. Nach dem Tod des Vereinswirts und Ehrenpräsidenten im Mai 1960 zogen die Musiker in die Gaststätte Thelen auf der Dorfstraße um. Dort blieb man gut acht Jahre. Am 22. September 1968 fand dann die erste Probe im neuen Vereinslokal auf dem Campingplatz Graskamp statt. Hier erhielt der Musikverein im Mai 1974 zwar einen separaten Proberaum, doch war aufgrund der räumlichen Enge und des regen Publikumsverkehrs in der Gaststätte effektives Arbeiten nur sehr eingeschränkt möglich. Nachdem sich 1986 die Pläne für einen eigenen Saal für die Overhetfelder Vereine zerschlagen hatten, bauten die Mitglieder ein altes Stallgebäude auf dem Gelände der Familie Schreurs, das langfristig gepachtet wurde, zum Vereinsheim um. So konnte man im Herbst 1986 “in den eigenen vier Wänden” mit den Proben für das im April 1987 angesetzte Konzert beginnen. Leider war auch diese Lösung nicht von Dauer: Im März 1995 musste der Musikverein sein Vereinsheim räumen. Nach einer zwei Jahre dauernden Zeit ohne festen Proberaum ist seit Juni 1997 ein vom Bassisten Bernhard Bereths zur Verfügung gestellter, in Gemeinschaftsarbeit ausgebauter Schuppen das Zuhause des Vereins.

Im Sommer 1948 feierte der Musikverein sein 50-jähriges Bestehen und erhielt im darauffolgenden Jahr mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde Elmpt die ersten Uniformen: Feuerwehrröcke mit Schwalbennestern, blaue Hosen und Schirmmützen. Seit dieser Zeit tritt der Musikverein zu den verschiedensten kulturellen und gesellschaftlichen Anlässen innerhalb und außerhalb der Gemeinde auf. Die Palette der Darbietungen reicht von der Marschmusik bei Kirmesumzügen über Tanz- und Unterhaltungsmusik bis hin zur Kirchenmusik und zum Trauermarsch für die Kriegstoten am Volkstrauertag. Ganz besonderen Zuspruch fanden die jährlichen Konzerte des Vereins, bei denen neben volkstümlicher Musik auch anspruchsvolle Konzertstücke und zeitgenössische Werke zur Aufführung kamen.

Musikverein “Cäcilia” 1949 bei der ersten Kirmes in Overhetfeld nach dem 2. Weltkrieg Von links: Clemens Bollmann, Gerhard Beckers, Josef Schreurs, Johannes Lankes, Willi Schreurs, Leo Lankes, Fritz Bremmers, Heinrich Weertz, Peter Bongartz, Jakob van Buggenum, Peter Gerlings.

Als der Vereinsvorsitzende Fritz Bremmers im Jahre 1952 sein Amt aus beruflichen Gründen zur Verfügung stellte, wurde Gerhard Beckers zu seinem Nachfolger gewählt. Abgesehen von zwei kurzen Unterbrechungen führte Gerhard Beckers den Verein bis 1985. Aus gesundheitlichen Gründen übergab er 1969 die Vereinsführung vorübergehend an Franz Smets, von 1978 bis 1982 war er als 2. Vorsitzender dessen Stellvertreter. Außerdem bildete er von 1952 bis 1984 den Blechbläsernachwuchs des Vereins aus. In Anerkennung seines beispiellosen Engagements und seiner großen Verdienste um den Musikverein “Cäcilia” ernannten die Mitglieder Gerhard Beckers im Januar 1987 zum ihrem Ehrenvorsitzenden. 1989 zeichnete ihn Landrat Hanns Backes mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus.

Ebenfalls 1952 schoss der Musikverein den Vogel in Overhetfeld ab. Dies geschah allerdings unter der Bedingung, dass die Kirmesveranstaltungen nicht wie seinerzeit üblich im Saal Bereths, sondern in einem Festzelt durchgeführt wurden. Schützenkönig wurde Jakob van Buggenum, zu seinen Ministern ernannte er Fritz Bremmers und Leo Lankes. Bis erneut ein Vereinsmitglied das Königssilber trug, vergingen dann fast 30 Jahre. An Pfingsten 1981 zog Franz Smets, begleitet von seinen Ministern Horst Schmidt und Erich Görtz,als Schützenkönig auf. Der Musikverein nahm unter Führung von Heinrich Weertz als Extrazug in Marineuniformen an den Aufzügen teil. Danach stellte der Verein in den Jahren 1989 mit Stefan Smets und 1993 mit Walter Vogl noch zwei weitere Male den Schützenkönig in Overhetfeld. Der erste Schützenkönig aus den Reihen des Musikvereins war Wilhelm Smets im Jahre 1905.

Musikverein “Cäcilia” an Fronleichnam 1952
Hintere Reihe von links: Jakob Bongartz, Peter Erdkamp. Mitte: Gerhard Beckers, Josef Schreurs, Johannes Beckers, Heinrich Weertz, Willi Schreurs, Peter Bongartz. Vorne: Fritz Bremmers, Jakob van Buggenum, Leo Lankes.

Als der langjährige Dirigent Jakob van Buggenum 1954 seinen Wohnsitz nach Slek in der holländischen Gemeinde Echt verlegte, waren die Vereinsproben zunächst in Frage gestellt. Doch der begeisterte Musikliebhaber brachte es nicht fertig, den Verein so schnell alleine zu lassen. Lange Zeit kam er mit dem Fahrrad die gut 30 Kilometer von Slek zu den sonntäglichen Proben nach Overhetfeld. Während dieser Zeit hat er den Klarinettisten Leo Lankes zu seinem Nachfolger herangebildet. Dies hat sich als eine sehr glückliche Lösung erwiesen, denn Leo Lankes war fast 30 Jahre lang Dirigent und Ausbilder der Klarinettisten und Schlagzeuger des Musikvereins “Cäcilia”.

Musikverein “Cäcilia” 1955
Hintere Reihe von links: Heinz Jansen, Fritz Roumen, Willi Schreurs, Josef Schreurs. Mitte: Peter Erdkamp, Gerhard Beckers, Johannes Beckers, Leo Lankes, Josef Wasels, Heinrich Weertz, Theo Smets. Vorne sitzend: Johann Lenhsen, Jakob van Buggenum.

In aller Stille feierte der Musikverein am 19. Oktober 1958 sein 60-jähriges Bestehen. Am Sonntagmorgen gedachten die Mitglieder in einem Festhochamt in der Pfarrkirche der Gefallenen und Verstorbenen des Vereins. Nachmittags gab der Verein dann ein zweistündiges Jubiläumskonzert.

Musikverein “Cäcilia” 1961 bei der Overhetfelder Kirmes
1. Reihe von links: Johannes Lankes, Peter Erdkamp, Heinrich Weertz, Leo Lankes. 2. Reihe: Johannes Beckers, Peter Bongartz, Josef Wasels. 3. Reihe: Gerhard Beckers, Gottfried Roumen, Willi Schreurs. 4. Reihe: Josef Schreurs, Theo Smets.

Anfang 1969 beschloss man, neue Uniformen anzuschaffen, da die alten, seit 1950 getragenen (Cut und Zylinder) nicht mehr der Zeit entsprechend waren. Durch Eigenleistung der aktiven Mitglieder und finanzielle Mithilfe der Gemeinde Elmpt war es möglich, die Uniformen zu beschaffen und auch nach und nach alte Musikinstrumente durch neue zu ersetzen. Am 20. April 1969 trat der Musikverein anlässlich eines gemeinsamen Konzerts mit dem Männergesangverein “Blütenkranz” Overhetfeld erstmals in der neuen Trachtenuniform auf.

Mit einem großen, internationalen Musikfest feierte der Musikverein am 27., 28. und 29. Juli 1973 sein 75-jähriges Bestehen. Im Rahmen eines Festbanketts im Saal Bereths, an dessen musikalischer Gestaltung neben dem festgebenden Verein der Kirchenchor “Cäcilia” Elmpt, der Männergesangverein “Blütenkranz” und das Trommlerkorps “Gut Freund” Overhetfeld sowie das von Jakob van Buggenum gegründete Trommlerkorps “St. Antonius” Slek/NL mitwirkten, ehrte der damalige Bürgermeister und Schirmherr des Festes, Gerd Wallrafen, die Gold- und Silberjubilare des Vereins. Nicht ohne Stolz verwies der Vorsitzende Gerhard Beckers in seiner Festansprache darauf, dass sich in den 75 Jahren seit der Vereinsgründung in Overhetfeld und Umgebung immer wieder musikbegeisterte Männer fanden, die dem Musikverein mit viel Idealismus unzählige Stunden ihrer Freizeit widmeten. Bürgermeister Wallrafen sah im Musikverein ein besonderes Beispiel für Gemeinschaftsgeist und gute Vereinsarbeit. Dechant König bedankte sich vor allem für die Verschönerung der kirchlichen Feste wie der Prozessionen am Weißen Sonntag und an Fronleichnam sowie der Fußprozession zur Gnadenkapelle Maria in’t Zand in Roermond, die der Musikverein schon vor dem Krieg (bis 1936) und danach wieder seit 1952 begleitete. Außerdem dankte er den Familien der Mitglieder für das große Verständnis, wenn “Vater spielen geht”. Höhepunkt des Festwochenendes war der Sonntag. Nach dem vom Musikverein gestalteten Festhochamt für die lebenden und verstorbenen Vereinsmitglieder spielte auf dem Schulhof der Grundschule die Musikband der Royal Air Force Germany unter der Leitung von Squadron Leader John Martindale zu einem musikalischen Frühschoppen auf. Am Nachmittag zogen 18 befreundete Vereine mit dem Musikverein in einem großen Festzug durch die Straßen von Overhetfeld.

Musikverein “Cäcilia” im Jubiläumsjahr 1973
Hintere Reihe von links: Josef Schreurs, Fritz Roumen, Gerhard Beckers, LeoLankes. Mitte: Eberhard Potreck, Rudi Mooren, Willi Bonus, Heinrich Weertz, Matthias Vogels, Willi Schreurs. Vorne: Franz Smets, Bernhard Bereths, Willi Schnell, Peter Erdkamp, Josef Wasels, Theo Smets.

Seit 1975 pflegt der Musikverein als “Die Schwalmtalmusikanten” einen ganz besonderen Stil, der sich an den Klängen der Original Egerländer Musikanten von Ernst Mosch orientiert. Dafür wurde im Januar 1975 eigens eine Gesangs- und Verstärkeranlage angeschafft. Am 19. April gab der Musikverein unter der Leitung des damaligen Dirigenten Leo Lankes bei Bereths sein erstes volkstümliches Konzert. Aufgrund der unerwartet großen Nachfrage – der Saal war bereits im Vorverkauf restlos ausverkauft – entschlossen sich die Musiker kurzfristig, das Konzert eine Woche später zu wiederholen.

Die Schwalmtalmusikanten 1975
Hintere Reihe von links: Fritz Roumen, Eberhard Potreck, Matthias Vogels, Gerhard Beckers, Josef Schreurs, Willi Bonus, Rudi Mooren, Josef Wasels. Vorne: Bernhard Bereths, Leo Lankes, Franz Smets, Theo Smets, Willi Schnell, Heinrich Weertz, Rudi Mattner.

Ebenfalls 1975, am 18. und 19. September, veranstaltete der Musikverein sein erstes Oktoberfest. Bei dieser ersten Veranstaltung bestritt der Verein wie auch im darauf folgenden Jahr die musikalischen Teile des Programms weitestgehend alleine. Ab 1977 verpflichteten die Verantwortlichen dann immer wieder namhafte Interpreten der Volksmusik wie den Meisterjodler Thomas Scholl (1977 und 1979), Jodlerkönig Hansl Krönauer (1978 beim Bunten Abend im Rahmen der vom Musikverein “Cäcilia” und der Familie Schreurs gemeinsam durchgeführten Festveranstaltung zum 10-jährigen Bestehen des Campingplatzes am Graskamp), Uschi Bauer (ebenfalls 1978), das Hellberg-Duo (1980) und die Geschwister Leismann (sie kamen im März 1983 zum Frühlingsfest ins neue Elmpter Bürgerhaus). Nach der Schließung des Saales Bereths fanden die Oktoberfeste im Bürgerhaus statt. 1988, 1990 und 1992 spielten unsere Freunde aus Weibersbrunn, die Spessart-Musikanten,1994 Günther Hochreiner und seine Petersberg-Musikanten.

Die Schwalmtalmusikanten 1975
Hintere Reihe von links: Fritz Roumen, Eberhard Potreck, Matthias Vogels, Gerhard Beckers, Josef Schreurs, Willi Bonus, Rudi Mooren, Josef Wasels. Vorne: Bernhard Bereths, Leo Lankes, Franz Smets, Theo Smets, Willi Schnell, Heinrich Weertz, Rudi Mattner.

Pfingstkirmes 1981 Der Musikverein als Extrazug in Marineuniformen

Nachdem Leo Lankes den Verein im Juni 1982 nach über 35-jähriger Zugehörigkeit verlassen hatte, übernahm mit Herbert Gehlen zum ersten und bisher einzigen Mal ein Nicht-Vereinsmitglied das Dirigat. Unter seiner Leitung präsentierten sich die Schwalmtalmusikanten erstmals am 17. September 1982 in der Offiziersmesse der RAF Brüggen. 1989 übergab Herbert Gehlen den Taktstock an Willi Schnell, der als Nachfolger von Gerhard Beckers bereits seit 1984 den Blechbläsernachwuchs heranbildete und im November 1986 an der Internationalen Bildungsstätte in Willebadessen den Lehrgang “Dirigieren von Blasorchestern” (Qualifikationsstufe C3) erfolgreich abgeschlossen hatte. Außerdem absolvierte er von 1989 bis 1991 an der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung in Trossingen den berufsbegleitenden Lehrgang “Leitung von Blasorchestern und Ausbildung von Jungbläsern” (B-Qualifikation). Zusammen mit Walter Vogl und Werner Gotzen, die die Holzbläser (Klarinette und Saxophon) unterrichten, Matthias Fell, der den Schlagzeugernachwuchs betreut, sowie Mario Bereths und André Schmidt, die inzwischen ebenfalls junge Blechbläser ausbilden, ist Willi Schnell seither für die stetige musikalische Weiterentwicklung des Musikvereins verantwortlich.

Das Jahr 1982 brachte dem Musikverein “Cäcilia” jedoch nicht nur einen neuen Dirigenten. In diesem Jahr begann auch eine noch heute sehr enge musikalische Freundschaft. Wie es dazu kam, beschreibt die Festschrift des Musikvereins “Spessartklänge” Weibersbrunn zu dessen 20-jährigem Bestehen (1989): “Als unsere Kapelle das Brunnenfest am 25.7.1982 musikalisch umrahmte, gesellten sich zwei Urlaubsgäste [Bernhard Bereths und Willi Bonus] hinzu und baten, doch ein paar Stücke mitspielen zu dürfen. Nach einigen Bierchen lud man sich gegenseitig zu Besuchen ein. Doch am nächsten Tag wusste niemand, ob die Einladungen, die in fröhlicher Bierlaune ausgesprochen wurden, auch ernst gemeint waren. Als unser 1. Vorsitzender Werner Benz die Initiative ergriff und während eines Urlaubs kurzfristig einen Abstecher nach Overhetfeld … machte, wurde der erste Besuch geplant. Vom 21. bis 23.5.1983 besuchte unsere Musikkapelle das Schützenfest in Overhetfeld und trat dort das erste Mal auf. Während dieses Besuches wurden Freundschaften geschlossen, die bis auf den heutigen Tag Bestand haben und durch gegenseitige Besuche immer wieder aufs neue gepflegt werden.”

Pfingstkirmes 1993 Der Musikverein mit Freunden aus Weibersbrunn als Extrazug bei der Königsparade (RP-Foto)

Auf der Generalversammlung im Januar 1987 billigten die Vereinsmitglieder eine neue Satzung für den Musikverein und beauftragten den Vorstand, die Eintragung des Vereins in das Vereinsregister zu veranlassen. Damit hatte der Musikverein fast 100 Jahre nach seiner Gründung den ersten Schritt zur Rechtsfähigkeit getan. Die Eintragung in das Vereinsregister beim Amtsgericht Viersen erfolgte dann am 26. Mai 1987. Seit 1988 ist der Musikverein außerdem als gemeinnützig anerkannt.

Zum 90-jährigen Vereinsbestehen präsentierten sich die Schwalmtalmusikanten im Frühjahr 1988 in neuer Uniform. Dieses Jubiläum wurde vom 29. April bis zum 1. Mai zusammen mit dem 20-jährigen Bestehen des Campingplatzes am Graskamp gefeiert, der – angelegt in einer alten Overhetfelder Tongrube – am 1. Mai 1968 vom damaligen Vereinsmitglied Willi Schreurs eröffnet worden war. Diese gemeinsame Feier dokumentierte die Verbundenheit von Musikverein und Campingplatz, wo der Verein ja lange Jahre sein Vereins- und Probelokal hatte. Höhepunkt der Feierlichkeiten war zweifellos der Heimatabend mit den Kirmesmusikanten, zu dem über 1100 Besucher in das große Festzelt am Graskamp kamen.

Am 1. Dezember 1990 besuchten die Schwalmtalmusikanten mit einerDelegation der Stadt Viersen deren nordfranzösische Partnerstadt Lambersart. Nach Absolvierung eines interessanten kulturellen Programms in Lille und Lambersart gestaltete die Kapelle dort in der Salle André Malraux eine “Soirée de Musique Allemande”, zu der der Syndicat d’initiative “Les Amis de Lambersart” und “Les Amis de Viersen” geladen hatten.

Die Schwalmtalmusikanten 1994
Hinten von links: Mario Bereths, Mark Bonus, Guido Schmidt, Herbert Wolters,Frank Beckers, Michael Fell, Horst Schmidt, Bernhard Bereths, Werner Gotzen, Petra Hansen, Rudi Mooren, Wencke Bereths, Willi Bonus, Horst Neunerdt. Vorne (sitzend): Walter Vogl, Willi Schnell, André Schmidt, Stefan Smets, Matthias Fell, Silke Smets.

Heute zählt der Musikverein “Cäcilia”, dem seit 1989 auch Frauen und Mädchen angehören, 24 aktive Mitglieder. Sechs Jugendliche sind zur Zeit noch in Ausbildung. Der Instrumentalunterricht erfolgt durch die bereits genannten qualifizierten Musiker des Vereins. Mit Begeisterung und Engagement geben die Ausbilder dem Nachwuchs eine solide musikalische Grundausbildung (theoretisch und praktisch) und schaffen damit das Fundament für die verbandliche Weiterbildung in den Lehrgängen der Jungbläserschule. Ziel und Zweck dieser musikalischen Jugendarbeit kann jedoch keineswegs nur die “Existenzsicherung” des Vereins sein. Vielmehr wollen wir unseren Jugendlichen die Freude an der Musik und am Musizieren vermitteln und sie begeistern für ein vielseitiges und interessantes, dann und wann gewiss auch anstrengendes Hobby.

Musik- und Instrumentalvereine stehen traditionell für ein bestimmtes Repertoire: Märsche, Choräle und klassische Musikstücke. Doch schon Mitte der 70er Jahre vergrößerten die Schwalmtalmusikanten die Bandbreite ihres Repertoires durch die verstärkte Konzentration auf die Egerländer und die volkstümliche Blasmusik. Ab etwa 1989 hat sich der Musikverein dann mehr und mehr auf das Spielen von Tanzmusik verlegt. Aufgrund der technischen Anforderungen der modernen Tanzmusik wurde daher 1990 eine neue Verstärkeranlage angeschafft und in den nächsten zehn Jahren kontinuierlich ausgebaut. Geplant ist die Anschaffung einer Beleuchtungsanlage. Trotz dieser musikalischen Neuorientierung fühlt sich der Musikverein jedoch auch weiterhin seiner Herkunft und seinen Traditionen verpflichtet.

Im Jubiläumsjahr wurde die über 100-jährige Vereins- und Musiziertradition auch von staatlicher Seite anerkannt und gewürdigt. Auf Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft der Volksmusikverbände (AVV) e.V. in Trossingen erhielten die Schwalmtalmusikanten die PRO MUSICA-Plakette 1998. Die 1968 von Bundespräsident Heinrich Lübke gestiftete PRO MUSICA-Plakette ist als Auszeichnung für Vereinigungen von Musikliebhabern bestimmt, die sich in langjährigem Wirken besondere Verdienste um die Pflege des Laienmusizierens und damit um die Förderung des kulturellen Lebens erworben haben. Die Plakette – die Vorderseite zeigt eine Musizierende mit Lyra und die Inschrift “Für Verdienste um instrumentales Musizieren – PRO MUSICA”, die Rückseite den Bundesadler – wird durch den Bundespräsidenten aus Anlass des 100-jährigen Bestehens eines Musik- oder Instrumentalvereins auf dessen Antrag verliehen. Voraussetzung für die Auszeichnung ist laut Verleihungsrichtlinien der Nachweis, “daß sich die Musikvereinigung in ernster und erfolgreicher Arbeit der instrumentalen Musik gewidmet und im Rahmen der örtlich gegebenen Verhältnisse künstlerische oder volksbildende Verdienste erworben hat.”

PRO MUSICA-Plakette

Seit 1977 wird die offizielle Verleihungsfeier am Sonntag Lätare (drei Wochen vor Ostern) von den Dachverbänden des Laienmusizierens ausgerichtet. 1998 fand die gemeinsame Verleihung von PRO MUSICA- und Zelter-Plakette am 22. März in Gera/Thüringen statt. Stellvertretend für alle ausgezeichneten Orchestervereinigungen überreichte Bundespräsident Roman Herzog den Musikfreunden Föhr-West/Schleswig-Holstein persönlich die PRO MUSICA-Plakette und die Ehrenurkunde. Die Vereine aus Nordrhein-Westfalen erhielten Plakette und Urkunde in einer Feierstunde am 17. Mai in Aachen aus der Hand von Staatssekretär Dr. Hans-Jürgen Baedeker, der Kultusministerin Ilse Brusis vertrat.

Staatssekretär Dr. Baedecker überreicht die PRO MUSICA-Plakette an Walter Vogl und Willi Schnell

Auf der Generalversammlung im Januar 1999 wurde Walter Vogl zum 1.Vorsitzenden des Musikvereins “Cäcilia” gewählt. Seither führt er die Schwalmtalmusikanten mit viel Engagement und sorgt zusammen mit unserem Dirigenten Willi Schnell dafür, dass der Musikverein seine selbstgestellte Aufgabe, das kulturelle Leben in der Gemeinde zu fördern und mitzugestalten,auch in Zukunft erfüllen wird. Denn vielen Menschen hat der Verein in den über 100 Jahren seines Bestehens Freude bereitet, vielen vielleicht sogar ein Stück Heimat gegeben.